Vilnius, Litauen (Tag 321 – 28.217 km)

Vilnius, Litauen

Selbst in der Hauptstadt von Litauen scheint die Saison bereits zu Ende zu sein. Der City-Camping Vilnius hat jedenfalls in der vergangenen Woche schon geschlossen. Also steuern wir die Alternative an, einen bewachten und umzäunten Parkplatz im Zentrum, nur 10 Minuten zu Fuß von der Altstadt entfernt. Für 6 Euro am Tag steht unser Fahrzeug hier sicher und in guter Gesellschaft einiger anderer (überwiegend deutscher) Wohnmobile.
Wir nehmen uns für die Altstadt zwei Tage Zeit und erlaufen sie zum Teil mit einer sehr guten Free Walking Tour und zum Teil auf eigene Faust.

Besonders angetan sind wir hier nun von der lokalen Küche. Es wird wieder deftiger und erinnert uns an zu Hause. Nach zehn Monaten tut es gut, mal wieder „Hausmacher Würste aus dem Biersud mit Sauerkraut und Kartoffeln“ serviert zu bekommen. Oder auch echte Kartoffelklöße, die hier allerdings traditionell mit Hackfleisch gefüllt werden. (Auch eine leckere Variante.) Auch Kartoffelpuffer, Schnitzel, Enten- und Gänsebraten sowie Schweinshaxen, -rüssel und -ohren könnten wir hier essen.

Republik Užupis

Aber auch jenseits des gedeckten Tisches gibt es in der Altstadt von Vilnius viel zu entdecken.
Wir kommen zum Beispiel nach Užupis, einem Stadtteil von Vilnius, der sich am 1. April 1997 zu unabhängigen Republik erklärt hat. (Republik Užupis). Obwohl man sich hier auch mit anderen selbstständigen Gemeinschaften wie Christiania in Kopenhagen vergleicht, scheint die Unabhängigkeitserklärung wohl eher als langanhaltende Kunstaktion zu zählen. Trotzdem gibt es eine eigene Verfassung, ein Parlament (dessen Sitz das Wirtshaus am Fluss ist), verschiedene Amtsträger und eine eigene Währung. Die Währung kann jedoch ausschließlich am Tag der Unabhängigkeit (am 1. April) getauscht und genutzt werden. Und dann kauft man wohl in erster Linie Bier damit …
Im Rahmen unserer Stadtführung hören wir allerlei weitere amüsante Anekdoten zu Užupis.

Museum der Opfer des Genozids (KGB Museum)

Den Großteil unseres zweiten Nachmittags verbringen wir im Museum der Opfer des Genozids, das im allgemeinen Sprachgebrauch auch KGB-Museum genannt wird. Die Ausstellung ist quasi am Ort des Geschehens in dem Gebäude untergebracht, das tatsächlich von 1940 bis 1991 vom sowjetischen KGB genutzt wurde. Von 1941 bis 1944 wurde das Gebäude vorübergehend von der Gestapo besetzt und genutzt.
Der Großteil des Museums ist den negativen Folgen der Sowjetherrschaft und dem litauischen Widerstand gewidmet. Auch die Taten der Nazis in Litauen werden behandelt. Im Untergeschoss des Gebäudes kann der beklemmende Zellentrakt besichtigt werden, in dem politische Gefangene verhört, gefoltert und auch getötet wurden.
Das komplette Museum ist ausführlich in Litauisch und Englisch beschriftet und wir haben ergänzend noch englische Audioguides genutzt, über die uns weitere geschichtliche Details vermittelt wurden.
Obwohl das Personal des Museums den Eindruck vermittelt, es hätte schon bei den Vorbesitzern die Pforte bewacht, können wir einen Besuch hier unbedingt empfehlen.